Entwicklungsprozesse von Umstrukturierungsgebieten in Düsseldorf : Analyse, Bewertung, Folgerungen für eine strategische und kooperative Stadterneuerung
- Development processes of conversion areas in Düsseldorf : analysis, valuation, conclusions for a strategic and cooperative urban renewal
Fischer, Hagen; Wachten, Kunibert (Thesis advisor)
Aachen : Publikationsserver der RWTH Aachen University (2011)
Doktorarbeit
Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2011
Kurzfassung
Strukturwandel ist ein ständiger Prozess der Stadtentwicklung. So wie die Industrialisierung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts strukturprägend für die Städte war, führte die Mitte der 1960er Jahre einsetzende De-Industrialisierung zur Veränderung der Stadtstrukturen. Der Strukturwandel hat Flächenfreisetzungen zur Folge, die von den Grundstückseigentümern oder deren Beauftragten mit Unterstützung der gemeindlichen Planungs- und Genehmigungsprozesse einer neuen Nutzung zugeführt werden. In der Literatur werden für die Revitalisierung von Flächen des Strukturwandels hauptsächlich Handlungs- und Organisationsvorschläge behandelt. Hier steht das Flächen- und Baulandmanagement im Vordergrund, das immer komplexer wird. In der Literatur und in der Forschung wird die Frage, welche Rollen die Prozessabläufe und Akteursbeziehungen in den komplexen Planungs- und Realisierungsprozessen von Umstrukturierungen einnehmen und welche Ansätze einer Prozessteuerung sich ergeben, kaum behandelt. Dieses Defizit zu beheben ist Ausgangspunkt der Arbeit und begründet das Forschungsinteresse. Zur Gewinnung von Erkenntnissen über die Rahmenbedingungen von komplexen Erneuerungs- und Umstrukturierungsprozessen werden die Entwicklungsabläufe von neun Düsseldorfer und vier externen Konversionsfällen analysiert und bewertet. Warum beispielhaft Düsseldorf? Düsseldorf umfasst, bis auf Zechenanlagen, den gesamten typologischen Querschnitt der Flächenfreisetzungen aus Montanindustrie, Bahn, Post und Hafen und ist daher für eine beispielhafte Betrachtung des Strukturwandels, der Umstrukturierung der freigesetzten Flächen und deren Prozessabläufe gut geeignet. Die Evaluation befasst sich mit den Fragestellungen nach den Entwicklungsabläufen und Prozessstrukturen von den Flächenfreisetzungen bis zum Abschluss der Realisierung. Dabei werden insbesondere die Akteurskonstellationen, die Zeitabläufe, der strategische Hintergrund, die Kooperationsstrukturen zwischen öffentlicher Verfahrenssteuerung und privatem Projektmanagement, die Restriktionen, Hemmnisse und Erfolgsfaktoren betrachtet. Ziel ist die Überprüfung der These, dass für die bisherigen und zukünftigen Stadterneuerungsprozesse eine strategische und kooperative Steuerung unerlässlich ist. Die Analyse und Bewertung kommt zu dem Ergebnis, dass die ausgewählten Fallbeispiele sehr lange Umwandlungszeiten aufweisen. Bei einigen Gebieten führte die Veränderung der Rahmenbedingungen auf Grund der langen Umsetzungszeiten zu anderen Planungs- und Realisierungszielen sowie zu veränderten Akteurskonstellationen. Es werden unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeiten der Gebiete festgestellt. Dabei zeigt sich, dass diejenigen Gebiete, die durchgängig von der Verwaltung und dem Vorhabenträger betreut und gesteuert werden, kürzere Umwandlungszeiten aufweisen als diejenigen, die der Marktumsetzung überlassen wurden. Bei diesen Gebieten kommt es nur punktuell während der Planungs- und Genehmigungsverfahren zu einer Kooperation der Akteure. Es fehlte hier eine koordinierte Gesamtsteuerung. Die langen Umwandlungszeiten bedeuten auch, dass der Zeitraum der Realisierung und Marktwirksamkeit der auf diesen Gebieten befindlichen Potenziale an Wohnungen, Gewerbe und Büros unkalkulierbar wird und damit eine vorausschauende Stadtentwicklung erschwert wird. Als Ergebnis wird abgeleitet, dass eine durchgängige aktive und kooperative Steuerung der Planungs- und Realisierungsprozesse durch Vorhabenträger und Gemeinde unerlässlich ist. Neben der Steuerungstätigkeit des Vorhabenträgers leistet die Gemeinde eine kooperative und unterstützende Komplementärsteuerung der Prozesse während der langen Realisierungszeiträume. Im Zentrum liegt dabei die städtebauliche Steuerung, über deren Instrumente der Interessenausgleich zwischen Investor, Kommune und Bürgerschaft geregelt wird. Das gemeinsam im Konsens entwickelte städtebauliche Konzept bedeutet die Weichenstellung für die Art und Qualität der gesamten Umstrukturierung in städtebaulicher, stadtgestalterischer, ökonomischer und ökologischer Hinsicht. Die Steuerungsanforderungen der Stadterneuerung und deren strategische Ausrichtung werden zukünftig eine größere Bedeutung gewinnen. Bezog sich der Strukturwandel bisher auf die Nutzungsaufgabe und Flächenfreisetzungen von Einzelsegmenten wie Gewerbe und Industrie, Bahn und Post, wird er in der Zukunft zusätzlich die Städte als Ganzes im regionalen und globalen Kontext erfassen. Veränderungen der Wirtschaftsstruktur, Bevölkerungsschrumpfung oder -wachstum, sich verändernde Nachfragestrukturen, Folgen der Klimaveränderung u.a. führen zu negativen Entwicklungen in den Städten, die ein aktives Gegensteuern erfordern. Je nach der individuellen Situation der Gemeinden werden zielorientierte Anpassungs- und Stadterneuerungsmaßnahmen notwendig.
Identifikationsnummern
- URN: urn:nbn:de:hbz:82-opus-35963
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-CONV-125850