Forschungsfeld: Offline Räume Cologne – Online Dating, Offline Räume

  Zwei Personen schauen sich einen Flyer auf einer Littfasssäule an Urheberrecht: © städtebau
 

Wintersemester 2022/23

Dauer: 1 Semester

Inhalt

Der bekannteste Online-Dating-Konzern „Tinder“ wirbt mit 12 Mio. Matches jeden Tag. Die Anzahl der Matches, die jedoch zu wirklichen Verabredungen im realen - offline- Raum führen, wird dagegen deutlich geringer geschätzt. Mittlerweile verhilft aber nicht nur Tinder, welches jüngst seinen 20-jährigen Geburtstag feierte, zum vermeintlichen Glück. Zwar ist Tinder mit 10,7 Millionen Nutzer*innen deutschlandweit die gängigste Dating-App, doch gibt es inzwischen etliche Pendants mit kleineren und größeren Unterschieden, die zu einem Dating Erfolg führen sollen. Der „Online-Dating“-Markt pluralisiert: Während „Lavoo“ eine der ältesten Dating-Apps ist, wirbt „Bumble“ für den ersten Schritt der Frau und „OkCupid“ verfügt über eine große Bandbreite an Filtern. So divers die Apps auch sind:

Die Orte des Treffens im öffentlichen Raum bei verabredeten Dates sind die gleichen.


Anders präsent als Raucherecken an Bahnsteigen lassen sich auch die vereinbarten Dating-Treffpunkte durch teilnehmende Beobachtung als diffus im Stadtraum ausfindig machen: Sie scheinen unmarkiert, weniger plakativ und dennoch unausgesprochen vorhanden. Ähnlich verhält es sich mit verabredeten Spaziergangs-Routen und Cafétreffpunkten an öffentlichen Plätzen. Anders als bei anderen Verortungs-Apps wie „Karten“ oder „Google Maps“ verhilft das Teilen der GPS-Daten der/dem Nutzerin/Nutzer zu einer Lokalisierung in konzentrischen Radien. Aus dem Zwei-Maßstabs-Urbanismus betrachtet lassen sich neben Orten und Radien aber auch Aushandlungsräume aufzeigen. Ob „Matchen“, „Catfishing“ oder „Ghosten“, alle vom virtuellen in den realen Raum unternommenen Annäherungen verlaufen in zeitlichen und räumlichen Abfolgen. Die räumlichen Bezüge sind also vielschichtig und können überlagert den, für eine junge Generation längst Alltag gewordenen, Layer „Online-Dating im Stadtraum“ annähernd sichtbar machen.

2022/23: Aus der Retrospektive betrachtet, hat die Pandemie einige Onlinedating-Apps zum Boomen gebracht. Jeder vierte Deutsche hat sie scheinbar schon mal genutzt, und auch für so gut wie allen ist das Prinzip von Begriff. Video-Calls und Schreibereien haben zeitgleich nicht nur das Berufsleben in der Pandemie maßgebend geprägt: Kontaktbeschränkungen haben viele Offline-Treffen kaum möglich gemacht. Während so manches berufliche Treffen über das Ende der Pandemie hinaus nachhaltig in den virtuellen Raum verdrängt wurde, erhalten private Verabredungen wieder vermehrt Einzug in den Stadtraum. Haben sich die Layer „Arbeiten“ und „Wohnen“ in der Industrialisierung voneinander räumlich getrennt, so scheinen sich diese in 2023 im „Homeoffice“ wieder zu überlagern.

Umso mehr ist es daher an der Zeit, dass wiedererwachte urbane Treiben und die neue Alltäglichkeit im Stadtraum in neu zu kartierenden Layern festzuhalten. Das Online-Dating - zum Zweck der realen Begegnungen bestimmt - wird zum Untersuchungsgegenstand für das Experiment „Stadtraumnutzung post-Corona“ kartografisch einzufangen.

Die Forschungsarbeiten zur Selbstdarstellung auf Dating-Plattformen der Sozialpsychologin Johanna Degen haben dafür gesorgt, dass der Untersuchungsgegenstand „Dating-App“ und sein Einfluss auf unsere Gesellschaft auch in der interdisziplinären Forschungslandschaft en vogue ist. Die feministischen Graphic-Novels von Liv Strömquist und die Bestseller der Soziologin Eva Illouz setzen das behandelte Themenfeld der neuen Partnersuche in den kontextualisierten Bezug zum gesellschaftlichen Wandel – den Zeitgeist dabei als Konsumgesellschaft betrachtend. So multicodiert das Thema behandelt ist, so scheint der Versuch die Verräumlichung des Online-Datings (grafisch) zu erfassen noch nicht unternommen worden zu sein.

„Online Dating, Offline Räume“ versteht sich daher als Versuch, die anfänglich „online“ als „Match“ in der Dating-App ergatterten Interessensbekundungen, die anschließend „offline“ zu Treffen im Stadtraum führen, als einen alltäglichen Layer in der Stadtentwicklung - am Beispiel des Veedels Köln-Ehrenfeld - sichtbar zu machen. Die im Forschungsfeld entstehenden Annäherungsversuche, die Verräumlichung des Online-Datings festzuhalten, soll einen ersten Versuch darstellen alltägliche urbane Ströme illustrativ greifbar zu machen und gegebenenfalls Raumaussagen und Rückbezüge zu ermöglichen.

 

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